Gesines Freiheitskolumne - Hallo Deutschland!
25.11.21
Mein Name ist Gesine, ich bin 16 Jahre alt und verbringe gerade ein Schuljahr in Lee’s Summit, Missouri. Anfang dieses Jahres habe ich die Nachricht erhalten, dass ich von Daniela Kluckert für das Parlamentarische Patenschafts-Programm ausgewählt wurde. Mit diesem gemeinsamen Programm des Deutschen Bundestags und des US-Kongresses bekomme ich die Chance ein Jahr lang Land und Leute in den Vereinigten Staaten kennenzulernen.
Seit nun drei Monaten lebe ich mit meinen Gasteltern Lynn und Wendell, meiner Gastschwester Ine, die aus Norwegen kommt und ebenfalls Austauschschülerin ist und unseren Hunden, Nellie und Sammy, zusammen und besuche eine typisch amerikanische Highschool. Mit dieser Kolumne möchte ich Euch einen kleinen Einblick in mein Leben hier geben.
In den ersten drei Wochen nach meiner Ankunft waren noch Sommerferien in Missouri. Eine tolle Gelegenheit meine neue Umgebung auf Spaziergängen mit unseren Hunden zu erkunden, lange Fahrradtouren mit meiner Gastschwester und meiner Gastmutter zu unternehmen und ausgiebig den See an unserem Wochenendhaus zum Schwimmen zu nutzen. Mein Highlight war jedoch unser Ausflug zur Iowa State Fair in Des Moines. Die State Fair erinnerte mich etwas an eine Kirmes, nur viel größer und mit verrückteren Ständen. Ausgestellt wurden beispielsweise das größte Schwein, das größte Pferd und der größte Hase der Welt. Anscheinend ist wirklich alles bigger in America. Auch das Essen auf der State Fair war nicht nur größer - sondern vor allem fettiger. Nahezu jedes Essen dort war frittiert, ob Oreos, Bananen oder Maiskolben.
Mit dem Schulbeginn begann für mich nochmal eine ganz neue Zeit. Auf meine Schule, die Lee’s Summit Highschool, eine von drei öffentlichen Schulen in meinem Ort, gehen rund 1.800 Schüler:innen. Nicht nur die große Anzahl der Schüler:innen sondern auch das ganze Schulsystem war für mich anfangs ungewohnt. Die Schule beginnt bereits um 7.15 Uhr und der Stundenplan ist jeden Tag der gleiche. Der Unterricht wird hier zudem ganz anders gestaltet: mündliche Mitarbeit ist eher selten und jede:r Schülerin besitzt ein Chromebook, auf dem wir alle unsere Aufgaben erledigen und sogar Tests schreiben.
Das Verhältnis zu den Lehrer:innen ist lockerer und freundschaftlicher als in Deutschland und man redet viel auch über private Dinge. Die Spiele der Fußball- und vor allem der Footballmannschaften werden von fast allen besucht und es wird gemeinsam angefeuert. Der Stolz auf die Schule und die Chiefs, der erfolgreichen Footballmannschaft aus Kansas City, der nächsten größeren Stadt, ist riesig und viele tragen T-Shirts mit deren Logos. Nach dem Unterricht gibt es ein umfangreiches Angebot an Aktivitäten: ob Roboter-Club, Football Training oder Student Senate, fast jede:r ist in etwas involviert.
Ich entschied mich dieses Trimester Teil des Cross Country Teams zu werden und das war definitiv die beste Entscheidung, die ich treffen konnte! Cross Country ist ein Leichtathletik Sport, bei dem man auf längere Distanz, meistens 5 Kilometer, in der Natur rennt. Obwohl die Rennen um 6 Uhr morgens am Wochenende viel Durchhaltevermögen und Energie benötigten, genieße ich die Zeit in meinem Team sehr und konnte sogar ein sogenanntes Meet, also einen Wettkampf, gewinnen. Die Saison ist seit letzter Woche leider schon wieder vorbei, aber ich habe gute Freunde in meiner Mannschaft gefunden und ein Banquet, bei dem alle Eltern teilnehmen konnten und Awards ausgeteilt wurden, war ein krönender Abschluss.
Kurz danach stand auch schon mein erstes wirklich amerikanisches Fest an: Halloween! Jede Straße war gruselig geschmückt und ich besuchte ein Haunted House, in dem Figuren mich und meine Freundinnenerschreckten. Abends ging ich zu einer kleinen Feier meiner Freundin, bei der wir ein Lagerfeuer machten und einen Horrorfilm schauten. Einen Unterschied zudem deutschen Halloween konnte ich nicht wirklich feststellen, außer, dass auch Jugendliche in meinem Alter zum trick or treating gingen.
Nach einer freien Schulwoche, in der ich in einem Second-Hand-Laden meinen Community Service absolvierte und die Hochzeit meines Gastbruders besuchte, geht meine Schule nun wieder los, und ich werde mit Winter-Conditioning, also Workouts und Joggen, beginnen. Bald schon steht mein erstes Thanksgiving an und ich bin sehr gespannt, was ich die nächste Zeit erleben werde!
Viele Grüße aus Lee’s Summit,
Eure Gesine