Hannas Freiheitskolumne: Abitur in Zeiten von Corona
17.4.20
In meiner letzten Kolumne habe ich darüber berichtet, wie schwer es den Schulen momentan fällt, mit der neuen Situation zurechtzukommen und Unterricht digital zu organisieren. Es steht außer Frage, dass Corona uns alle auf eine harte Probe stellt. Doch was schlimm für normale Jahrgangsstufen ist, trifft vor allem die Abschlussjahrgänge - unter anderem die Abiturienten, denn von ihnen wird weiterhin erwartet, sich auf ihre Abschlussprüfungen vorzubereiten. Doch während das für manche kein Problem darstellt, weil sie sich zuhause in ihr Zimmer zurückziehen und in Ruhe lernen können, stehen viele Schülerinnen und Schüler jetzt vor der Herausforderung, in schwierigeren Haushalten zur Konzentration zu finden.
Wann und ob die Abiturprüfungen in diesem Jahr stattfinden, weiß keiner so richtig. Hinzu kommen die nun verschärften sozialen Verhältnisse. In manchen Haushalten sitzt die ganze Familie in einer Wohnung und teilt sich einen Computer, ein Schlafzimmer und eine Küche. Aus kleineren Konflikten werden gerne mal größere Auseinandersetzungen. Bei manchen spielen kleine Geschwister im Nebenzimmer, die nicht verstehen, dass sie leise sein sollen, damit sich der Rest der Familie sich auf Arbeit und Schule konzentrieren kann. Bei anderen schreien Neugeborene in einer Nachbarwohnung. Normalerweise können solche externen Einflüsse einer Familie ausgeglichen werden durch die Nutzung öffentlicher Einrichtungen wie der Schule oder der Bibliothek. Doch derzeit ist dies unmöglich. Trotzdem sollen sich Abiturienten auch in diesem Jahr normal auf die Prüfungen vorbereiten.
Aber kann es in so einer Lage überhaupt fair sein, weiter an den Abiturprüfungen festzuhalten? Und können die Ergebnisse dieser Prüfungen überhaupt fair sein? Viele Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland denken, dass keine gerechten Prüfungsbedingungen garantiert werden können und erheben jetzt ihre Stimme, um gegen das “normale” Abitur 2020 zu protestieren. Denn ganz zum gesundheitlichen Risiko der Aktion kommt eben diese verschärfte Ungleichheit bei den Prüfungsvorbereitungen. Auch wenn ich zu Hause mit meinem eigenen Laptop in Ruhe allen meinen Arbeitsaufträgen nachkommen kann, weiß ich genau, wie privilegiert ich damit heutzutage bin. Zusätzlich dazu hängt immer die Ungewissheit in der Luft, wann und ob die Prüfungen überhaupt geschrieben werden. Mit ihr einher geht nicht nur eine schwindende Motivation, sondern auch weitere zusätzliche Verwirrung über eine bestmögliche Vorbereitung.
Deshalb brauchen wir schülerfreundliche Alternativen, mit denen am Ende keiner benachteiligt wird, der in Zeiten von Corona Abitur macht. Es geht um Fairness bei den Prüfungen. Die psychische Belastung, die mit dieser Situation verbunden ist, ist nicht nur ernst zu nehmen, sondern kann im Nachhinein auch Grund für einige Schüler sein, Ergebnisse anzuzweifeln, mit denen sie nicht zufrieden sind. Und dann möchte niemand diese Fälle verantworten müssen. Denn wir könne ja jetzt etwas tun. Also müssen wir präventiv handeln und klug überlegen, was das Beste momentan ist, als nachher von den Folgen überrannt zu werden. Alle Schülerinnen und Schüler sollten die gleichen Möglichkeiten erhalten, ihre Schule fair und mit guten Ergebnisseen zu beenden - ohne von Corona ein Leben lang beeinflusst - ja sogar benachteiligt zu sein.