Rechte und Pflichten müssen im Einklang sein
16.7.21
Una Bratslavsky
Sollte das Wahlalter von 18 auf 16 gesenkt werden? Diese Frage beschäftigt die Politik und Gesellschaft schon seit einiger Zeit. Una Bratslavsky (19), Studentische Mitarbeiterin im Bundestagsbüro von Daniela Kluckert, nimmt sich dieser Frage an und beleuchtet in diesem Stück die Kontra-Seite.
Politik geht alle etwas an. Aber sollte das Wahlalter deshalb auf 16 Jahre herabgesenkt werden, um es noch mehr Bürger Deutschlands zu ermöglichen, ihre politische Stimme abzugeben?
Mit der Volljährigkeit, also mit dem Erreichen des 18. Lebensjahrs, bekommt jeder Bürger in Deutschland bestimmte Bürgerrechte – aber eben auch bestimmte Bürgerpflichte. Von nun an darf und muss man Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Diese Verantwortung geht aber auch mit dem Recht einher, wählen zu dürfen und das Schicksal des Landes mitzuentscheiden.
Würde das Wahlalter gesenkt, korrelieren diese Rechte und Pflichten nicht mehr. Man könnte schon wählen und damit die Zukunft Deutschlands mitbestimmen, wäre aber noch nicht voll strafmündig. Wer diese Verantwortung tragen möchte, sollte sich auch den Konsequenzen als Erwachsener stellen müssen. Der Erhalt gewisser Rechte erfolgt nicht ohne Grund nur im Zusammenhang mit dem Erhalt einiger Pflichten. Man kann nicht einfach willkürlich ein Recht privilegiert betrachten und dies früher vergeben. Warum sollte die Gesellschaft eine Person über die Verhältnisse in einem Staat mitentscheiden lassen, wenn sie diese Person gleichzeitig aber nicht für reif und verantwortungsvoll genug hält, seine eigenen Lebensverhältnisse ohne einen Vormund zu regeln? Dieses Ungleichgewicht wäre nicht fördernd für den Zusammenhalt einer Gesellschaft.
Vor jeder Entscheidung, die man trifft, sollte man sich gut über mögliche Konsequenzen informieren. Bildungspolitik ist Ländersache und dementsprechend unterschiedlich ist auch das politische Wissen nach Schulform. Einige Schulen bieten Politik als Wahlfach an, an anderen Schulen ist dies Pflicht. Man kann also nicht denselben Wissensstand bei allen Schülern garantieren. Das bedeutet auch, dass das nötige Wissen, um weitreichende politische Entscheidungen zu treffen, nicht bei allen Schülern gleichermaßen vorausgesetzt werden kann.
Viele junge Menschen neigen dazu experimentierfreudig zu sein. Das kann zu einer vermehrten Unterstützung von Randparteien, sei es links- oder rechtsextrem, führen. Eine Radikalisierung des politischen Systems ist dadurch nicht ausgeschlossen. Nicht alle 16-Jährigen haben dabei die nötige Reife, um das Ausmaß ihrer Entscheidungen zu begreifen. Soziale Medien spielen im Alltag von Jugendlichen eine enorm große Rolle. Eine Unterscheidung zwischen Fake News und Fakten ist manchmal sehr schwer. Auch Social-Media-Trends können extrem polarisierend und meinungsbildend sein. Fakten-Checks und das kritische Hinterfragen sind unerlässlich, um politische Entscheidungen zu treffen. Zudem darf die Wirkung der Gruppendynamik, die besonders bei jungen Menschen wirkt, nicht vergessen werden. Vorbilder, Leitpersonen und Idole könnten die politische Meinungsbildung zusätzlich beeinflussen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Gesetz zum Herabsenken des Wahlalters auf 16 Jahre noch realitätsfern ist. Die Bundestagswahlen entscheiden darüber, wer Deutschland in den kommenden vier Jahren regiert. Eine Vergrößerung der Wahlberechtigten um rund 1,5 Millionen Menschen muss gut begründet sein, damit die Wahlen weiterhin fair bleiben.